Wie wird Text zum Social-Media-Text. Wie muss ein Thema für mehrere Kanäle aufbereitet werden? Welche Geschichten eignen sich für Crossmedia-Kampagnen und welche nicht? Wie schaffen B2B-Marketer den Sprung von einem in den nächsten Kanal; und macht das überhaupt Sinn?
Der Post-Text in Teaser-Dramaturgie
Ein Text für einen Social-Media Post kann sich am Aufbau des Teasers orientieren. Das ist dann wichtig, wenn der Text crossmedial wirken soll und einen Klick zu einer Internetseite generieren muss. Richtig ist in jedem Fall: Wer das Interesse des Rezipienten nicht mit dem ersten Satz weckt, hat verspielt. Der Mittelteil des Textes kann sich an den journalistischen W-Fragen orientiert: Wer? Was? Wo? Wann? Wie? Warum? Wen betrifft das? Wie lange? Welche Folgen? Wie umfangreich er das tut, ist abhängig von seiner Länge und der Absicht des Absenders. Das Ende bleibt offen und in diesem Fall schreiben Sie den letzten Satz wie einen Cliffhanger und/oder einen Call-to-Action. Der Text in Posts kann sich auch nur auf einen Satz beschränken, eine Information, ein Kommentar, ein Cliffhanger oder ein Call-to-Action.
Welche Inhalte und welche Texte wirken?
Die direkte Ansprache der User ist für jeden Text sinnvoll und so auch in den sozialen Medien. Vorsicht, die sozialen Medien sind kein Verlautbarungsmedium. Sie heißen soziale Medien, weil sie dem User einen Austausch anbieten, eine Interaktion, ein Gespräch oder eine wertvolle Information. Das gedankenlose Abbilden von Terminen ist ein No-Go. Wie Sie sicherlich schon selbst gemerkt haben, ist die Reaktion darauf auch gering. Es sei denn, George Clooney kommt vorbei.
Was wirkt also in den sozialen Medien und wie sollten die Texte aufbereitet werden? Hier einige Aspekte des Storytellings.
- Aktualität
- Wertvoll sein
- Absurditäten und Kreativität
- Ins Herz der Zielgruppe treffen, Identifikation
- Prominenter Experte
- Wichtige Themen
- Humor und Spaß
- Cute Content
- Story mit starken auslösenden Ereignissen
- Listen
- Zeitgeistphänomene
- Versprechen und Tonalität von Posts
- Kommentieren und einmischen
Crossmediale Kampagnenkonzeption
Bei crossmedialen Strategien werden unterschiedliche Netzwerke off- und online medienübergreifend konzipiert und vernetzt. Das bedeutet, das Internet nicht nur als multimedialen Ausspielweg zu verstehen, sondern möglichst effiziente Kommunikationsformen und Netzwerke miteinander zu verknüpfen. Das heißt, die gleichzeitige Konzeption, Produktion und Verbreitung von Botschaften in unterschiedlichen Medien, wobei die jeweiligen Stärken der Einzelmedien genutzt werden, und eine Teilhabe beziehungsweise Partizipation ermöglicht wird.
Der Rezipient erfährt unterschiedliche Erzählstränge in verschiedenen Kanälen und erlebt dann eine einzigartige Story. Kein Medium könnte die Geschichte in seiner vollen Faszination und Verbreitung allein erzählen. Beim crossmedialen Erzählen handelt es sich um mehrere Geschichten oder Teile von Geschichten und einzelne Handlungsstränge. Jede davon wird in unterschiedlichen Medien erzählt und gemeinsam bilden sie eine übergeordnete Geschichte. Was ist, wenn ein User nicht alle Teile wahrnimmt? Fast nie werden alle Teile einer crossmedialen Kampagne wahrgenommen und nicht immer führen die Einzelteile selbst zum ganzheitlichen Erkenntnisgewinn. Manche User kennen nur das Lied, andere kennen nur das Spiel oder den Viral, weitere kennen nur eine Veröffentlichung in einem sozialen Netzwerk. Das ist gar nicht schlimm. Wer kennt schon alle Teile einer klassischen Print-Kampagne, Anzeige, Plakat, Flyer etc.? Selbst aus Einzelteilen einer crossmedialen Kampagne lässt sich immer auch der ganze Sinn ableiten. Folgt der User dem crossmedialen roten Faden dann wird er die Auflösung erfahren. Folgt er dem nicht, interessiert es ihn nicht, oder die Kampagne ist nicht aufmerksamkeitsstark genug. Idealerweise ist der Start einer Kampagne wie ein Teaser, Zünder, konzipiert und die Auflösung erfolgt nach dem Medienwechsel. Jedes Tetxteil entwickelt seine eigene Faszination innerhalb des Mediums und wird somit für die User desselben attraktiv. Die Einzelteile sprechen für das Ganze, Pars pro Toto.
Der Zünder
Der Zünder ist ein besonders aufmerksamkeitsstarker Erzählbaustein. In der Regel eine Idee mit starkem auslösenden Ereigniszum Start der Kampagne und eine Mechanik, die seine Verbreitung unterstützt. Mechanik meint eine Interaktion mit dem User, die zur Verbreitung anregt. Idee und Mechanik treiben die Verbreitung an. Hilfsfragen zur Beurteilung der Wirkung des Zünders sind: Ist die Idee des Zünders so stark, dass Du 1. aktiviert wirst und 2. die Nachricht weitererzählst? Gibt es eine Mechanik, die so stark ist, dass Du 1. aktiviert wirst und 2. die Nachricht weitererzählst?
Mechaniken mit spielerischem Charakter
Die Mechaniken sind meist von einem spielerischen Charakter geprägt. Der User soll mitmachen und teilhaben, dafür gibt es eine Belohnung und sei es nur die Veröffentlichung seiner Gedanken, Bilder und Anregungen. Der Spielcharakter
- erhöht die Interaktivität und Partizipation
- verspricht Spannung
- hebt den Unterhaltungswert und die Identifikation
- ermöglicht die Ausstellung der Aktivitäten der User
- bietet die Möglichkeit der Meinungsäußerung
- steigert das Involvement
On-Off, Off-On oder On-On
Die Konzeption der crossmedialen Werbekampagne kann von on- zu offline oder von off- zu online erfolgen. Ebenso ist die Konzeption von einem online- zum nächsten online Medium möglich, abhängig vom gewünschten Ziel. In jedem Fall ist die plausible und erkennbare Aufforderung zum Medienwechsel und die direkte Verlinkung der Erzählstruktur wichtig, damit keine User an diesen Schnittstellen verloren gehen. Dazu gehört auch die grafische oder textliche Wiedererkennbarkeit der Zielseiten.
Virale Strategien sind ein Bestandteil crossmedialer Kommunikation
Viral meint die epidemische, unkontrollierte und sprunghaft ansteigende Ausbreitung einer Botschaft von einem Internetnutzer zum anderen. Viralität simuliert die Strategie der Mund-zu-Mund-Propaganda. Es ist zunächst eine Kommunikation ohne kommerzielle Absicht, die objektiv und glaubwürdig erscheint, weil sie auf einer persönlichen Empfehlung basiert. Die Verbreitung der Botschaft findet somit durch Dritte, Multiplikatoren oder Influencer, in sozialen Netzwerken statt und nicht direkt vom Absender. Das Verkaufsobjekt selbst sollte in den Hintergrund treten und erscheint erst nach dem Medienwechsel. Wer empfiehlt schon gerne Werbung? Eine Promotion von McDonald´s bei der User zum Jodeln aufgefordert werden und ihre Filme darüber hochladen sollen, heißt deshalb hüttengaudi.de und nicht McDonalds.de. Das steigert die Glaubwürdigkeit der Kampagne und verhindert Reaktanz, eine Abwehrhaltung gegenüber Werbung.
Warum verbreiten sich virale Botschaften?
Virale Formen haben gegenüber etablierten Werbeformen den Vorteil, dass sie ihre Ziele durch einen Unterhaltungswertverstärken. Der Impuls für die Weiterempfehlung dient dann der Pflege des sozialen Umfeldes. Die Opinion Leader und Multiplikatoren müssen sich ihren Expertenstatus jeden Tag neu erarbeiten. Ihre Motive sind klar:
- Bedürfnis die Botschaft zu teilen
- Profilierung im soz. Umfeld
- Bekanntheit
Ein ganz natürliches Verhalten
Handeln auf Empfehlung ist die einfachste, bequemste und sicherste Form des Handelns. Sie wird von objektiven Experten und Opinion Leadern unterstützt. Bisher erfolgreiches Handeln wird imitiert. Der Mensch richtet sich bei bevorstehenden Entscheidungen meist an Experten aus dem Bekanntenkreis und näheren Umfeld, denen er vertraut. Das spart viel Energie, weil man in kürzester Zeit den Erfahrungsschatz der Experten abschöpft. Außerdem hat dieses Verhalten noch ein paar weitere Vorteile:
- Anpassung an das soziale Umfeld (sozialer Druck)
- Akzeptanz
- Bequemlichkeit
- Vermeidung von Ausgrenzung
Checkliste und Erfolgsfaktoren crossmedialer Kampagnengestaltung
- Innovative Kampagnenidee (Thema und Mechanik)
- Varianz und Verzahnung der Gestaltung
- Aufmerksamkeit durch Gestaltung als Alleinstellungsmerkmal
- Einzigartigkeit der Story: Die stärkste Geschichte ist die über Menschen und deren Erfahrung
- Fragmentierung der Story für unterschiedliche Kanäle
- Formatierung für unterschiedliche Formate und Netzwerke
- Aktivierung der Zielgruppe und Aufforderung zum Medienwechsel
- Spielgetriebene Mechanik
- Interaktions- und Partizipationsmöglichkeit
- Förderung von Blogeinträgen und Chats
Frei zitiert aus: Albert Heiser, Wirkstoff Werbetext, Storytelling on- und offline. Für Konzeptioner, Werbetexter, Grafiker, Autoren, Redakteure und Auftraggeber, Springer Gabler 2019