von Prof. Dr. Dieter Georg Herbst
Die zu frühe Konzentration der Unternehmenskommunikation auf ein einziges Gefühl, wie es das Modell der Positionierung fordert, ist problematisch, weil sie den vielfältigen Facetten des Unternehmens nicht zwingend gerecht wird.
Verliert das Unternehmen Facetten des Unternehmens aus den Augen, erleben die Bezugsgruppen Defizite. Fehlt die Balance, erlebt die Bezugsgruppe Unsicherheit. Fehlt Stimulanz erlebt die Bezugsgruppe das Unternehmen langweilig. Fehlt Dominanz, dann fehlt die Kraft – das Unternehmen wird als unterlegen im Wettbewerb erlebt.
Schemata als komplexe Wissensbestände bei der Positionierung
Um das klare, einzigartige Vorstellungsbild und speziell innere Bilder von Erlebnissen aufzubauen, nutzen Unternehmen komplexe Schemata mit schon gelernten und erfahrenen Erlebnissen. Das Gehirn ist Weltmeister im Energiesparen. Damit es nicht jedes Mal neu lernen muss, greift es auf typisch Erlebtes zurück, sogenannte Schemata. Schemata sind komplexe Wissensbestände und mit Fertigbauteilen vergleichbar. Schemata können blitzschnell ganze Ketten von Inhalten, Bewertungen und Erwartungen auslösen.
Tropenschema. Alpenschema. Fußballschema. Bestandteile von Mustern sind: Sachverhalte, Sprachliches, Bildhaftes, Erlebtes und alle Sinne. Zum Mittelmeerschema gehören tiefblauer Himmel, Felsenküste, weiße Gebäude und Tempelruinen. Heimische Landschaften bestehen aus blühenden Frühlingswiesen, schattigen Waldlandschaften, klaren Gebirgsquellen, einem leuchtenden Weizenfeld unter strahlend blauem Himmel. Beispiele für Schemata in der Werbung ist die Wild-West-Romantik von Marlboro, das Alpenschema von Milka und Freundschaft durch Henkel. Wichtig und vorteilhaft an Schemata ist die Fähigkeit des Gehirns zur Komplettierung. Je weiter das neuronale Netz des Schemas aufgebaut ist, desto einfacher kann es von verschiedenen Stellen aus und mit immer weniger Anhaltspunkten aktiviert werden – schon ein Reiz genügt.
Erlebnisse in der Unternehmenskommunikation
Ein Reiz kann also die gesamte Erlebniswelt in den Köpfen der Bezugsgruppen aktivieren. Hierin liegt auch Gefahr: Wenn es nicht gelingt, eindeutige Reize zu vermitteln, die nur jenem Unternehmen zugeordnet werden, kann dies die Erinnerung an andere Unternehmen aktivieren. Austauschbare Codes aktivieren immer auch die Netzwerke der Wettbewerber oder gar ganz anderer Marken. In jedem Fall ist das Ergebnis Wirkungsverlust und Verwässerung der eigenen Marke bei der Positionierung.